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edition literaturlandschaft – Politik / Kunst & Spiel

„Des Kaisers Kleiderordnung ist – im Gegensatz zum Schlauch aus dem er den Wein trinkt – alt! Raphael Vogt, Künstler & Autor für interaktive Literatur

Die Lakaien von Landwasser

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Ich reise rückwärts zur Fahrtrichtung in die Schweiz. Rechts hinter dem Zugfenster zieht die hoch über das Landwassertal gespannte Verbindungsbrücke vorbei. Gepanzerte Einsatzwägen des schweizer Miltärs säumen Brückenzugang sowie den Übergang in den dunklen Bergtunnel. Ein paar Sekunden weiter – ein perfekt improvisierter Flugplatz.

Ich fühle mich gesehen.

Der Zug hält in den frühen Dreißigerjahren. Sobald ich die Augen schließe, gelingt es mir nicht mehr, mich auf meinen Verstand zu verlassen, der mir vorgaukelt, wir schrieben bereits das Jahr 2024. Es ist laut und geschäftig, wenn auch nicht ohne Charme, obwohl sich hier nicht weniger als alles nur um das Eine dreht: Den Mammon. Die zumeist dunklen Limousinen kriechen – akkubetrieben lautlos (wie verstummte Schreie aus der Hölle) – neben dem Randstein zu meiner Linken durch das Schneegestöber. Bunte Leitsätze in weiß, die schick leuchten, ohne auch nur einen Cent Strom zu verbrauchen (ganz im Gegensatz zu den damit transportierten Technologien) „2030 Crypto“. „Close the Gender Gap“. „AI Human“. „All sexualities welcome“. „Copy your heart“, oder so ähnlich.

Akkus of which (Inner) Conflict Zone? (African, chinese, ukrainian?)
Shut my mouth!!

Ich höre irgendjemanden hinter mir sagen, dass hier alles „magic“ sei. Und es stimmt. Es ist so verführerisch schön hier. Die Leute wirken angenehm friedlich und entspannt. Und das obwohl in diesem hübschen Straßenzug, dessen seltsam-freundlich beleuchtete Läden – welche zumeist an posthippe, vegane Fastfood-Restaurants erinnern  – vermutlich mehr Geld über die virtuellen Theken hin und her und auf und nieder (und von West nach Ost und Ost nach West und Nord nach Süd …) fliesst als in Dubai das ganze Jahr über.

Es fühlte sich beinahe zu perfekt an. Nicht so leicht zu durschauen wie die gewöhnlichen Fußgängerzonen der Konsumsklaverei, aber wiederum leichter denn Überfälle auf Technofestivals, die von hamassympathisierenden Müttern der Betreiberinnen mitorgani, ach lassen wir das. Obwohl es – 11 Grad hat, ist das Eis dafür noch zu dünn. Noch! Ich gehe weiter, bis ich am Ende des schweizer Pendants zur Münchener Leopoldstraße Filscoin … entdecke. Ein weihnachtsmarktähnlicher Pulk im Dunstkreis eines ehemalig sakralem Gebäudes. Was läuft hier, was wird hier gemacht? Ich weiß es nicht. Soll ich die Bänke umschmeißen und laut in die widerhallende Kirche rufen, dass dies „das Haus meines Vaters“ sei? Ja/nein?

Bin ich Jesus?

Wenn schon das Narrativ, dann ist die Kirche – anders wie gedacht – vielmehr zum Haus meines irdischen Vaters geworden. Was ist los in Davos, wer versammelt sich hier? Und warum?

Kommt jetzt die braune Unzeit in grün gestrichenen Kleidern? War Beuys in Wahrheit kein Naziverächter, sondern im Gegenteil, vielmehr – Erneuerer – der alten Ideologie? Aber um welche Ideologie geht es überhaupt?

Dass eine Minderheit versucht, die Masse zu unterdrücken?!

Und wer ist diese Minderheit?

Und wer hat sie dazu gemacht, wenn nicht wir? Ich?

Mit jedem noch so kleinen Gedanken der Überheblichkeit!

Du?

Ich schreibe dies alles hier, in gebrauchte Bettlaken Unbekannter gehüllt, deren Zimmer im Gang zu meiner Rechten von jenen womöglich bereits längst verlassen wurden oder noch werden. Das alles, nachdem ich Zuflucht hinter einer geöffneten Hoteltür gefunden habe, um der Kälte dieser magischen Nacht zu entfliehen.

Viel los in Davos (im Januar 2024).

Joe

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